#1 – Bei den Proben des Little Red Chair Ensembles

Shownotes

Das Little Red Chair Ensemble steht nach einer vielfach durch Corona unterbrochenen Produktionszeit endlich vor der Premiere.
Ulrich Skorsky, der Choreograf des Abends "Bevor es Zukunft wird", erzählt von seiner persönlichen und der Geschichte des Ensembles und die besondere Erfahrung dieser Produktion. Die Tänzer_Innen Celia, Clemens, Miriam, Ronja und Torsten beschreiben, was Kultur bedeutet, was das Tanzen mit ihnen macht und was sie mit dem Little Red Chair erleben.

Zu den Stimmen:

Für Little Red Chair hören wir Miriam Arnold, Ronja Kristiane Franziska Frizen, Celia Iriria Valverde Gerner, Torsten Leuchtenberg, Clemens Richter und Ulrich Skorsky

Links zum Little Red Chair Ensemble

Für Qultor am Mikro: Sebastian Sonntag ist Radiojournalist, Moderator und Podcastenthusiast. Er mag Musik, gutes Storytelling und Raumschiffe. Aron Schmidt ist Gründer von Qultor, interessiert sich für Netzwerke hinter den Kulissen und übt Podcasten am lebendigen Objekt.
Die Schauspielerin und Sprecherin Lisa Bihl schenkt uns Ihre Stimme für die Struktur. Die Musik entstand durch eine Impro-Session mit Philipp Bramswig, Julia Brüssel, Matthias Akeo Nowak und Janning Trumann. Ein Qultor Sound Projekt, produziert von Aron Schmidt.

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Kollektiv: Ich denke, Kunst und Kultur ist gesellschaftlich relevant, geschichtlich gesehen, um nachverfolgen von wo wir kommen und warum wir mal an irgendwas gedacht haben, das man in der Geschichte sehen kann, wie relevant die Kultur war. Ich denke, dass Kultur auch irgendwo immer den Zeitgeist widerspiegelt, weil er sagt, glaube ich sehr viel über ihn aus, was man gerade gut findet. Und Stücke können sowohl durch das, was sie darstellen, den Zeitgeist widerspiegeln, vielleicht der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten oder neue Denkanstöße geben, aber auch daran, wie es aufgenommen wird vom Publikum. Das zeigt ja auch wieder, was gerade die Strömungen und die gesellschaftlichen Strömungen sind. Und ich denke, Kunst und Kultur erfordert von dem vom Konsumenten immer mehr Aktivität. Wenn ich mir ein Theaterstück oder ein Tanzstück angucke, dann komme ich halt mal raus aus meiner Bude und gehe eben in das nette Theater, wo es dann auch die nette Bar gibt und das nette Sektchen. Und die so ist etwas ganz anderes, als wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, mir einen Film reinziehen bei Netflix und dann. Dann war es das. Also für mich ist auch dieses so Kunst, Kultur und so ist für mich auch so ein bisschen eine Möglichkeit Verschiedenheiten, Diversitäten zu zeigen. Und ich finde es gerade auch Sachen, deswegen auch freie Szene eigentlich cooler, weil dieses hochstilisierte wie im Ballett und so was. Das ist für mich zwar ein Ausdruck von der Zeit, aber das was da rübergebracht wird, das Leute die nicht so aussehen, da nicht reinpassen, das finde ich gerade an der freien Szene und an Kunst halt die Möglichkeit, verschiedene Ästhetiken kennenzulernen oder auch wahrzunehmen, weil Ästhetik heißt ja eigentlich nur Wahrnehmen von Sachen und vielleicht auch mal darüber austauschen. Das ist das Wichtige an Kunst und Kultur.

Lisa Bihl: Kulturell unterwegs. Der Kultur und Begegnungs Podcast aus Köln mit Aaron Schmitt und Sebastian Sonntag.

Sebastian Sonntag: Herzlich willkommen zu einem neuen Kultur Podcast. Aron Schmidt ist hier.

Sebastian Sonntag: Hallo!

Sebastian Sonntag: Hallo, ich bin Sebastian Sonntag und wenn ihr mehr über uns und über Qultor und über das was sonst noch so passieren wird im Kultur Podcast Channel erfahren wollt, dann hört mal in unsere allererste Folge rein, da erklären wir das. Jetzt sind wir aber erst mal zusammen qultorell unterwegs bzw du bist qultorell unterwegs gewesen und wo bist du gewesen? Ich war bei einem Proben besuch, einer Tanz Theaterproduktion, eines freien kleinen Ensembles. Die heißen Little Red Chair Ensemble. Also kleiner Roter Stuhl. Schön. Und ich bin mit dem dramaturgischen Leiter dieses Ensembles in Kontakt gekommen.

Ulrich Skorsky: Also ich bin Ulrich Gorski, und ich habe anfangs in Köln studiert, nach meiner Schulzeit, und war dann von 85 an auf der Musikhochschule in Hamburg und habe da Opernregie studiert. Und nach dieser Zeit und auch während dieser Zeit habe ich als Assistent gearbeitet, hauptsächlich in Osnabrück und in Braunschweig. Und danach habe ich angefangen, selber Regie zu führen. Das allererste Mal in Trier, da war ich auch mehrere Male hintereinander und habe dann unter anderem in Bielefeld, in Dortmund, bei der Jones Musical, in Weikersheim, in Pforzheim, in Bremen. So, das waren so die Stationen, da habe ich dann inszeniert und ich bin dann kurz nach der Jahrtausendwende bin ich dann in einen IT Job gegangen, da bin ich auch immer noch. Ich mache das eigentlich jetzt nicht mehr in Vollzeit, sondern schon seit längerem in Teilzeit und dadurch ergibt sich so die Möglichkeit wieder in der wieder auch Theater Sachen zu machen. Und das hat sich eigentlich gar nicht gezielt ergeben, sondern durch eigentlich durch einen Zufall. Ich lernte halt jemanden kennen in der Tanz Therapie Ausbildung, die auch so was machen wollte und wir haben das dann auch tatsächlich in Angriff genommen und machen jetzt Tanztheater seit 2012 mit dem Little Hair Ensemble. Und diese aktuelle Produktion, das ist unsere fünfte Produktion, die wir jetzt gemacht haben.

Aron Schmidt: Und da ich mit der Welt des Tanzes noch nicht so viel Berührung hatte und vor allem noch nie eine Probe gesehen habe und die Entstehungsweise einer solchen Produktion nicht wirklich kenne, habe ich ihn gefragt, ob er und das Ensemble denn bereit wären, mich beim Proben Besuch zu empfangen und dass ich das Ganze auch aufnehmen darf und ein paar Fragen stellen darf. Und das haben wir dann gemacht, was an diesem Tag passiert ist und auch noch ein bisschen darüber hinaus, das werden wir in dieser Folge besprechen.

Sebastian Sonntag: Dann nehmt uns doch mal mit auf diesen Probenbesuch. Erst mal: Wo war das?

Aron Schmidt: Das war im Tanzstudio Nett and friends in der Kölner Altstadt, in der Nähe vom Heumarkt. Klassisch, wie man sich das so irgendwie vorstellt. Irgendwie mit so einer Ballettstange und Spiegeln und Holzboden oder wie hat es ausgesehen. Ballettstangen waren in diesem Raum nicht aber ein großer. Also eine Wand war als Spiegel verkleidet ein schöner Holzboden. Grundsätzlich war es so, wie ich es mir auch vorher vorgestellt habe. Auch eine sehr sehr schöne Atmosphäre und eine Fensterfront in den Innenhof, was das Ganze natürlich dann auch schön aufgelockert hat. Und im Nebenraum war erst mal niemand und irgendwann kam da eine Kindergruppe. Es war übrigens sonntags morgens eine Kindergruppe zu einer Kinder Tanzstunde

Sebastian Sonntag: Schön .

Aron Schmidt: rein marschiert

Sebastian Sonntag: Und dann habt ihr euch da erst mal getroffen, du und der Ulrich, und habt euch ein bisschen unterhalten.

Sebastian Sonntag: Richtig.

Ulrich Skorsky: Viel im Fokus hatten. Ist es jetzt eigentlich bei diesem Stück ein bisschen anders. Da ist es so, dass eigentlich von meiner Seite aus eine ziemlich klare inhaltliche Vorgabe ist. Aber in jeder einzelnen Szene ist das Herangehen ganz unterschiedlich. Am Anfang waren bei Szenen tatsächlich das Improvisieren und auch mal die Vorgabe durch einen Tänzer für eine Folge, für eine Sequenz, eine Methode. Dann kam aber auch viel Vorgabe von mir. Und da, würde ich sagen, waren zwei Methoden entscheidend. Das eine war: Ich gebe wirklich Elemente vor und entwickle die auf der Probe weiter. Und die stellen dann die Verbindungen her mit den Tänzern zusammen. Und die andere war auch da. Erst mal improvisieren. Und ich nehme mir dann ein Material aus dem, was ich gesehen habe und oft kombiniert dann mit eigenen Sachen und mit eigenen Vorstellungen. Das sind für mich so die beiden Hauptmethoden. Was immer eine große Rolle spielt, ist die Tanztechnik. Also das heißt ist jemand im schwerpunktmäßig jetzt Ballett orientiert oder modern oder ist es zeitgenössischer Tanz? Und zeitgenössischer Tanz hat jetzt bei uns insofern noch mehr Eingang gefunden, weil zwei Leute vom vom Zentrum für zeitgenössischen Tanz kommen. Da es ja nun gar keine festgelegtes Bewegungsrepertoire gefragt. Im Grunde genommen geht es um den inneren Zustand auch wieder und ich habe das in diesem Falle so gemacht, deswegen so gemacht, weil ich habe in dem Stück fünf Bilder und jedes Bild hat eine andere Epoche. Also das erste Mal spielt in den 20er Jahren, das zweite in den 50er Jahren, das dritte in den 90er Jahren. Das fehlt in der Gegenwart. Und das fünfte ist eine Zukunftsvision mit ironischen Untertönen. Und dadurch war im Grunde jetzt dramaturgisch also Reihenfolge und Inhalte und Themen zum einen festgelegt, und wir hatten halt nicht mehr so das gegenwärtige Lebensgefühl alleine im Zentrum des Geschehens, sondern auch eben die Frage: Wie war das in den anderen Zeiten, was ist da noch bestimmend bis heute, was ist vergleichbar? Also in den Zwanzigerjahren gab es sicherlich Dinge und Situationen, die auf einmal überraschenderweise heute auch wieder als Phänomen auftreten, also wo wir da was erkennen, wo wir so denken. Aber okay, das ist eigentlich ein bisschen. Fühlen wir uns heute auch wieder so? Also gerade was? Verunsicherung und... Wir erleben ja gerade eine Zeit, mit der wir gar nicht gerechnet haben. Also eine Pandemie und jetzt Ukraine und Klimaschutz und so, das ist irgendwie, dass es so plötzlich, so auf einmal in den Vordergrund gerückt. Das haben wir, glaube ich, nicht erwartet.

Aron Schmidt: Und hat das jetzt Einfluss, also sozusagen die aktuelle Entwicklung, auch Einfluss auf die Entwicklung des Stückes?

Ulrich Skorsky: Das würde ich nicht sagen, weil das das Problem ist. Wir proben ja sehr punktuell, das heißt, wir haben langen Prozess, und wenn wir sozusagen alles haben, kann man nicht von vorne anfangen oder modifizieren. Aber das gibt einen Grund, der noch wichtiger ist. Im Grunde genommen, und zwar wir transportieren ja die Botschaften und die Inhalte über Tanz, also über Bewegung. Und das hat immer den den Effekt, dass es halt das kann zwar sehr präzise sein, aber das ist halt immer eine andere Ebene, als jetzt regelrecht narrativ zu arbeiten, weil natürlich Bewegungen oder die Atmosphäre, die dadurch entsteht. Die Körperlichkeit, die ich sehe, überträgt sich in jedem Falle auf den Zuschauer, egal ob er sich jetzt auskennt oder ob er das bewusst wahrnimmt oder auch nicht. Also wenn Leute sich bewegen, dann gucken wir sicherlich auch ästhetisch, also finden wir das schön oder können die das gut oder aha, das ist ja interessant oder verblüffend, oder? Habe ich noch nie so gesehen. Aber es ist auch natürlich sehr stark körperlich orientiert und hat deswegen auch eine unterschwellige Wirkung. Und wenn man jetzt zu konkret würde inhaltlich, dann nimmt man Leben, beschneidet man das eigentlich so nach meiner Meinung. Das heißt, man muss auf der einen Seite zwar sehr exakt sein, also auch exakt im Sinne von der Inhalt ist angestrebt, aber gleichzeitig habe ich ganz viel Assoziationen beim Zuschauer zu allem, was er sieht. Jeder wird sein eigenes Stück erleben. Letztendlich. Und hier kommt noch was dazu. In diesem Fall haben wir fangen im Grunde genommen im ersten der ersten Szene relativ narrativ an, also da kann man richtig sagen, dann passiert das und da kommt jetzt das und das hat auch sehr viel darstellerische Elemente und die nehmen aber im Laufe der fünf Szenen immer mehr ab. Ich komme sozusagen immer mehr ins pure Tanzen. Und das.. Ja, das ist auch ein wichtiger, eine wichtige Überlegung und ein wichtiger Effekt, weil auch das natürlich eine Art von Botschaft beinhaltet.

Aron Schmidt: Ist diese dieser diese Sendung des dieser Botschaft bzw das Empfangen der Botschaft abhängig von der Publikumszusammenstellung für wen man das präsentiert?

Ulrich Skorsky: Ja und nein. Ich würde sagen, was nicht funktioniert ist, wenn man sozusagen für ein Publikum was was macht. Also man muss sozusagen von sich immer ausgehen. Auf der anderen Seite ist es glaube ich so, wenn ich jetzt, also ich, ich denke, dass wir so ein bisschen so einen eigenen Weg haben und der wendet sich auch viel an ein Theaterpublikum, also an ein Publikum, das jetzt nicht unbedingt Tanztheater oder Tanz affin ist. Und insofern, wenn nicht, wenn das nicht so wäre, würde man vielleicht noch extremer sein. Dann würde man eben noch mehr. Also momentan ist das Tanztheater generell nicht misszuverstehen, aber es ist nicht so auf Themen gesellschaftlicher Thematiken so bezogen. Im Allgemeinen, das machen wir eigentlich mehr. Und bei uns ist dieser psychologische Ansatz Wie sind die Figuren, was fühlen die, was? Was ist da los, dass es bei uns besonders stark, würde ich sagen. Also insofern ist beides richtig. Man richtet sich nicht nach dem Publikum aus. Aber ich würde sagen, dass wir schon immer wieder überlegen Was wird der sehen, der Zuschauer? Was wird er da mitnehmen? Kann er da folgen? Ist er da? Geht er da rein in die Szene oder ist er einfach nur verwirrt? Wir haben ja eher ein sehr gemischtes Ensemble, also einen bei uns, jemand Schauspieler. Dann gibt es Leute, die haben das in ihrer Freizeit gelernt. Dann gibt es richtig ausgebildete, also professionell ausgebildete Tänzer bei diesem Stück weniger. Aber bei den anderen Stücken hatten wir auch eine sehr unterschiedliche Altersstruktur, also auch ältere Leute. Und mich hat total überrascht, dass alle von diesem von den Projekten total profitiert haben, also sich persönlich in ihrem, also den waren sozusagen, die waren präsenter und denen war das immer mehr egal, was sie da jetzt machen auf der Bühne, also sie wurden alle auch bei mir war das so freier noch mal. Und das andere ist natürlich, wenn du dann von Stück zu Stück kommst und denkst, ja, was machen wir denn jetzt dann, was kommt denn jetzt als nächstes? Dann würde ich sagen, ist das Themenspektrum erweitert sich zwangsläufig, also immer so, dass also alle zwei Jahre zu sagen, wie fühlen wir uns jetzt, wie viel für uns jetzt, das funktioniert nicht. Also man hat selber auch nicht mehr das gleiche Bedürfnis. Das war am Anfang zum Beispiel total wichtig, sich zu zeigen und sich auszudrücken und und das reinzubringen. Aber das ist inzwischen nicht mehr so!

Aron Schmidt: Na ja, sind die Tänzerinnen und Tänzer, die heute zur Probe kommen, sozusagen schon länger Teil des Ensembles?

Ulrich Skorsky: Nein, also das hat hat da eine Fluktuation, da kommt schon die erste. Kommen Sie herein. Hallo? Hallo.

Aron Schmidt: Hallo.

Ulrich Skorsky: Wie geht es heute, hömma?

Kollektiv: Besser, aber gestern war echt nicht gut.

Ulrich Skorsky: Ja. Siehst du hat Caesar uns einen Gefallen getan. In Anführungsstrichen.

Sebastian Sonntag: Wer ist das jetzt?

Aron Schmidt: Jetzt kommt Ronja Fritzen in den Probenraum. Die erste Tänzerin des heutigen Proben Tages.

Sebastian Sonntag: Das heißt, sie tröpfeln da jetzt so nach und nach ein.

Aron Schmidt: Genau, die tröpfeln auch noch rein. Ich habe mich extra mit Ulrich etwas früher verabredet, damit wir ein bisschen Zeit haben, zu zweit zu sprechen, was ja auch erst einmal Warmmachen angesagt. Und so weiter. Ja.

Ulrich Skorsky: Wir sind hier ein bisschen kosmonautisch verkabelt. Also die Tänzer werden jetzt eintrudeln und sich dann erst mal warm machen und wir fangen mit drei Leuten an, also das heißt, wir haben noch ein bisschen Zeit, wo wir auch reden können, wenn wir das wollen.

Aron Schmidt: Ja, wir waren gerade bei den Tänzerinnen und Tänzer, die schon länger dabei sind, weil du hast ja diesen Effekt der Entwicklung auch angesprochen.

Ulrich Skorsky: Das hat vor allem auch Einfluss darauf genommen, wie man neue Tänzer sucht. Also sehr oft passiert das so, dass Leute sagen, ich kenn da jemanden und das war am Anfang nicht so, da haben wir auch richtig Vortanzen gemacht und ausgeschrieben. Das haben wir hier aber auch gemacht, darüber haben wir auch neue Leute reingeholt und hier hat sich eigentlich innerhalb der Produktion besonders am Anfang verschoben und ich glaube, es sind jetzt inzwischen nur noch drei dabei, die schon in dem Stück davor waren. Und das haben wir natürlich permanent. Und ich glaube, das ist auch gut, weil ich bin zwar jetzt so, neigen sehr zur Kontinuität, aber ich sehe einfach mal, dass man braucht auch neue Anregung. Die Tänzer brauchen das, aber wir letztlich eben auch sehr viel werden ja kurz, also kurz geprobt, Projekte auch gemacht. Und wenn das halt kollidiert, dann ist das eben auch dann wichtiger. Also, so würde ich sagen.

Aron Schmidt: Wir sind jetzt zweieinhalb Monate, knapp zweieinhalb Monate vor eurer Premiere, das ist im Theaterbereich wäre es auf jeden Fall eine sehr lange Zeit noch. In welchem Stadium seid ihr jetzt von der von dieser Produktion?

Ulrich Skorsky: Jetzt bauen wir zusammen. Also jetzt kommt eigentlich das Spannendste, wenn man so will. Beziehungsweise nein. Ich finde ja mal spannend, das zu entwickeln. Aber das jetzt Spannende ist eben. Jetzt muss in jedem Bild geguckt werden, dass wir das zusammensetzen, also das jeweils ganze Bild dann erarbeiten. Also alle können eigentlich schon alles, aber es gibt noch viele Teile, es kennen sich noch nicht mal alle. Auch heute werden sich Menschen begegnen, die sich noch nie gesehen haben. Und wir machen das ja schon über zwei Jahre. Und das war jetzt auch natürlich massiv Corona bedingt. Klar, es gab eine lange Phase, da konnte ich immer nur mit einem einzigen Tänzer jeweils alleine arbeiten. Und eine Zeit lang knapp zwei, anderthalb Monate haben wir gar nicht geprobt, aber ansonsten schon. Ich denke, sonst wäre das eher so eine Arbeit von, die sich über ein Jahr dann verteilt. So. Das ist auch anstrengend. Ich empfinde das als Einschränkend. Haben mir natürlich. Es ist sowieso ja aufregend. Und wenn man jetzt aber kontinuierlich arbeitet, wie jetzt am Theater, dann hätte man eine Beschäftigung. Dann ist man da drin und dann finde ich das leichter als jetzt immer. Also ich muss jetzt im Grunde genommen alles schon ganz gezielt planen für heute, damit wir zur Premiere dann alles erledigt haben, was bis dahin gemacht sein muss. Also Tänzer brauchen immer eine Reifezeit. Das heißt, wenn sie das alles theoretisch schon können und wissen und auch richtig tanzen, dann braucht es trotzdem noch mal eine Phase, wo oder sozusagen das sich setzen muss und wo der Körper das noch selbstverständlicher macht. Und so weiter. Aber die haben wir jetzt so in vielen Stellen reichlich. Das nicht zu vergessen, das ist eher das Problem.

Sebastian Sonntag: Was ich ganz, ganz spannend fand, war, dass das Wort Therapie immer mal wieder gefallen ist, auch in deinem Gespräch mit Ulrich. Also Tanz hat per se irgendwie was Therapeutisches.

Ulrich Skorsky: Für mich ist das im Grunde extrem, weil ich immer Im Grunde genommen beschäftigt man sich die ganze Zeit mit emotionalen Situationen und man hat die nicht bei sich, sondern man hat die vor Augen. Und ich habe früher natürlich nicht gewusst, warum ich überhaupt diesen Beruf ergreifen wollte. Aber inzwischen weiß ich das und das hat damit unheimlich viel zu tun. Man hat selber im Grunde das Bedürfnis nach Ausdruck und nach sich ereben und sich kennenlernen. Gleichzeitig ist das aber mal gar nicht so einfach. Also der Vorteil ist, wenn man choreografiert oder Regie macht, dass man das nach außen verlagern kann. Das hat ja auch immer ein Element von Bauklötzchen. Also ich kann sagen, du stehst da und du stehst da. Und dann erzähle ich den Tänzern, wenn ihr 2 Meter voneinander weg, weg steht, dann hat das die Wirkung. Und wenn ihr ganz dicht, dann ist es so und also darüber. Das meine ich mit Bauklötzchen. Also ich spiele natürlich auch mit denen so, also schiebt die dahin, schiebt die dahin, erzählt ihnen was zu dem Moment, was sie da, worum es da geht, was sie denken könnten, denken sollten. Ich erzähle, wie sie gerade wirken oder was bei ihnen besonders rauskommt. Und so weiter. Und das ist natürlich etwas, was zu meiner ganz persönlichen Konstitution sehr gut passt. Ja, absolut. Es ist das, was ich am allerliebsten tue tatsächlich.

Aron Schmidt: Beim Tanz ist ja, geht man, denke ich auch davon aus, ist diese Spanne der aktiven Zeit relativ klein.

Ulrich Skorsky: Ja, genau.

Aron Schmidt: Ich frage mich dann häufig, also der, der sagen, ein älterer Mensch, der Tanz studiert hat und der lange an diesem Beruf gearbeitet hat, der hat ja noch gewisse Skills, um es mal so auszudrücken. Warum wird das nicht manchmal auch genutzt? Weil ich kann mir vorstellen, dass das vielleicht ein sehr guter Effekt ist, in Anführungsstrichen.

Ulrich Skorsky: Ja, genau. Ich kann da zwei Sachen dazu sagen Ich habe ja nie auf professionellem, leistungsbezogenen Niveau selber getanzt und habe richtig trainiert, erst dann sozusagen in dem Sinne trainiert, dass ich mich wirklich mit mir beschäftige erst vor ein paar Jahren, und ich bin jetzt 60. Und das heißt, da war für mich ein ganz großes Thema, wie muss ich das denn jetzt machen in meinem Alter? Also auf der einen Seite bin ich total verblüfft, was man alles noch lernt und was man alles machen kann und was da einfach geht. Und auf der anderen Seite muss man unglaublich achtsam sein. Also man kann nicht einfach so zack bumm loslegen und hoch das Bein, sondern man muss das immer wieder erproben, ausprobieren, erforschen, was, was kann ich wie trainieren und was ist sinnvoll zu trainieren? Jetzt Meine Erfahrung mit professionellen Tänzern ist die, dass.. es gibt ja Projekte, wo so was gemacht wird, die finde ich eher so, dann bin ich so sehr im Zweifel, ob das so der richtige Weg ist. Ich finde es schwierig, ehrlich gesagt. Es ist vor allem leider Gottes so, dass professionelle Tänzer tatsächlich irgendwann echt am Ende sind körperlich. Gleichzeitig aber natürlich, wenn sie dann was machen, als ältere Tänzer die gleichen Instrumentarien und Wege benutzen, die sie vorher gelernt haben. Und das funktioniert in meinen Augen überhaupt nicht. Ich glaube, dass man wirklich im Alter tanzen sollte, unbedingt und auch gerade professionell. Aber man muss da wirklich, das muss man erst mal finden und erfinden, wie das gehen soll. Also zum Beispiel gerade Männer haben ja eher die Tendenz, dass die Körper fest und sind also muskulär geprägt und nicht unbedingt weich und elastisch. Und das wird im Alter nicht gerade weniger. Das finde ich, wenn ich das dann sehe und beobachte. Das finde ich nicht ansprechend, weil da die Durchlässigkeit, also dass über den Körper Emotionales transportiert wird, das fehlt dann total. Und von daher, glaube ich, ist das, ich halte das für einen ganz großen Irrtum, dass man Tänzer so kurz tanzen lässt. Ich finde das total wichtig, da mehr draus zu machen, da umzudenken. Es gab ja auch solche Ansätze schon. Also zum Beispiel das Nederlands Dans Theater hat das ja lang, sehr erfolgreich und sehr produktiv erprobt. Also die waren am Anfang so Mitte 40, die Tänzer, die da waren. Also das ist mir auch ein großer Unterschied, ob ich jetzt zwischen 40 und 60 mich befinde oder noch älter. Das ist ein großer Unterschied. Und hier habe ich das vor allem bei uns extrem bereichernd empfunden, weil natürlich die Ausdruckspalette die ältere anzubieten haben, ist per se einfach viel größer. Also Jugendlichkeit hat eine ganz bestimmten tollen Effekt. Also dieses einfach machen, einfach loslegen und hier bin ich und jetzt und so. Und in anderen Lebensphasen danach ist aber die Vielfalt das Interessante und da muss man natürlich auch mit umgehen bzw. da liegt die Chance eben damit umzugehen in meinen Augen und ich wüsste bis weiß bisher keinen Grund warum man das, also warum man das nicht weiter befördert. Der Grund liegt sicherlich darin, dass man eben, man will es einfach immer noch toller haben als die Konkurrenz. Das ist sicherlich ein Punkt. Und deswegen geht man mehr mit einem Stück und mit einem Arbeitsergebnis um als mit Tänzern. Meiner Meinung nach würde man das umkehren, würde man viel mehr dahin kommen, dass man sagt Oh, da sind ja ganz neue Möglichkeiten. Das eröffnet ganz andere Perspektiven. Oder zum Beispiel diese Strömung Butoh tanz. Da kommt dann erst der Ansatz ied Seele tanzt. Und da kann es sein, dass sie eine Bewegung ganz endlos lange dauert, zum Beispiel. Und da ist eben das, was ein junger Tänzer kann, gar nicht gefragt wird. Er ist was ganz anderes gefragt. Und ich glaube, das viel stärker in den Mittelpunkt zu rücken bzw viel gleichberechtigter neben das andere zu stellen. Das wäre ein ganz großes Ziel, was wir jetzt nicht als einzelne Truppe anstreben können, aber was ich als sehr bereichernd empfinden würde. Also im Grunde genommen ist ja Bühnentanz eine Inspiration, mehr zu tanzen oder überhaupt zu tanzen. Es sind eben nicht nur den Profis zu überlassen, sondern sich auszudrücken, die mit sich selbst umzugehen. Psychische Situationen darüber zu befragen ist in jedem Lebensalter von eigentlich von großem Interesse und sehr heilend genau genommen zu werden.

Aron Schmidt: Wie wird das alles finanziert?

Ulrich Skorsky: Also finanzieren tun wir erst mal ganz viel selber. Weil du kannst auch nur mit Förderungen rechnen, wenn du selber schon Sachen wirklich gemacht und etabliert hast. Das was wir machen, ist nicht unbedingt gefragt. Fördertechnisch sind sind Fragestellungen für Projekte, zeitgenössischer Tanz Projekte. Das ist im Moment gefragt. Wir haben jetzt hier eine Förderung für eine Tänzerin. Also das heißt, das war eine Förderung Situation, da ging es eben nicht um das Projekt an sich, sondern um die Situation von Tänzern. Und in einem Fall hat das eben funktioniert. Insofern haben wir ja eine Förderung. Aber im Prinzip finanzieren wir jetzt erst mal selber. Und jetzt bei dem letzten Stück, da war da durch die Vorstellung ein gewisser Ausgleich auch tatsächlich da war, gab es eben auch eine Einnahmesituation, die interessant wurde. Aber wir bewegen uns jetzt im Grunde genommen auch mit ganz viel Goodwill, also das absolut. Der Vorteil hier für Tänzer ist, dass sie hier Kontinuität haben. Alle haben zwischendurch andere Projekte und kommen zurück und machen halt hier weiter. Und das ist halt auch gerade für die Arbeitssituation als Freiberufler sehr von Vorteil oder haben halt die Chance, überhaupt in dem Stück zu tanzen, was sonst nicht gegeben wäre.

Aron Schmidt: Und fühlst du dich als Teil der freien Szene? Also sagt dir das was?

Ulrich Skorsky: Ja, das sagt mir schon was. Aber ich glaube, ich fühle mich trotzdem nicht als Teil. Weil man ist da doch sehr einzelkämpferisch unterwegs. Man hat nicht so viele Anlässe, um jetzt richtig in Kontakt mit anderen Gruppen zu kommen. Am meisten dadurch, dass Tänzer was anderes machen und dass man dann da hingeht, weil man selber gerade mit denen arbeitet oder so und auch dann es gibt ja echt viele Sachen, die also wirklich Respekt davor hat und sich freut, dass man das gesehen hat. Also so ist das jetzt nicht, aber es ist alles sehr verschieden und du musst natürlich von dem ausgehen, was du wirklich machen kannst und nicht von dem, was man vielleicht machen könnte. Aber natürlich, in allen Fächern steht auch immer Schulung, Ausbildung, Austausch dahinter. Und man kann es versuchen. Aber ich glaube, es ist schwierig, was zu machen, wo man nicht wirklich einen guten Background hat. Und ich glaube, das wäre ein. Es wäre ein wichtiger Aspekt, diesen Kontakt insgesamt zu verstärken, an Gelegenheiten dazu anzubieten und vor allem mehr Chancen auf Solidarität im Grunde genommen. Zu erzeugen, weil das ist natürlich unheimlich schwer, die zu entwickeln und zu entdecken und die Chancen vor allem zu erkennen. Davon bin ich überzeugt. Klar kann man sich in einer großen Gruppe ganz generell viel besser präsent machen und aufstellen. Aber da muss man erst mal hinkommen. Und man ist auch wahnsinnig beschäftigt mit sich und sich und seine Arbeit, die man gerade macht. Also. Das finde ich, ist so ein wichtiger Aspekt und da wäre Unterstützung total super. Ihr seid schon voll warm wie sie. Ein Ziel habe ich. Gibt's noch mehr? Also ein kleines. Wir machen natürlich heute das ganz anders, als wir es gestern gemacht hätten. Heute ist einfach die Aufgabe eine ganz andere. Jetzt erst mal was für euch. Die Aufgabe, dass die Szene wieder dieses Trio wieder hoch zu holen. Gleich machen wir dann das Stück, was davor vorkommt. Das betrifft zunächst mal dich. Das ist das hüpfende Hühnchen. The Chicken. Und dann bauen wir die anderen ein. Das ist eigentlich heute unsere Aufgabe. Das heißt, wir haben heute hinzufügen, organisieren, dass wir uns kennenlernen. Auch das. Also heute werdet ihr alle Menschen treffen. Thorsten, Celia und Clemens. Kennst du alle nicht, ne? Hast du noch nie was mit zutun gehabt?

Kollektiv: Nur Thorsten.

Ulrich Skorsky: Ja, genau. Und Celia lernst du jetzt kennen? Genau. Wen kennst du? Kennst Thorsten glaube ich noch nicht oder nur sehr. Und Clemens kennst du eigentlich auch genau. Aber darf intensiviert werden.

Sebastian Sonntag: Warum kennen die sich zum Teil nicht?

Aron Schmidt: Ja, das hängt an dieser doch langgezogenen Produktionsphase und an dem modularen Probenablauf. Eine Tänzerin ist abgesprungen aus terminlichen Gründen und Celia ist dann sozusagen neu in das Ensemble gekommen. Und an dem Tag, an dem ich jetzt diese Probe besucht habe, gab es eben das erste Aufeinandertreffen und sehr beeindruckend fand ich die Szene: Es gab ein kleines Hallo zwischen den beiden und dann wurde auch direkt geprobt und da wurde die Szene erklärt, die jetzt geprobt wird. Celia lag auf dem Boden und Cesar ist dann tänzerischer Weise ihr näher gekommen, die Gesichter auch sehr nah beieinander und also eine sehr intime Szenerie. Und ich konnte sozusagen vom Eintreffen der beiden bis zu dieser Szene das alles auch beobachten. Und es gab wie gesagt nur dieses eine Hallo und das fand ich schon sehr beeindruckend und natürlich auch professionell sich dann in dieser Situation darauf einzulassen und diese Szene so anzunehmen, ohne sich vorher wirklich beschnuppern zu können.

Ulrich Skorsky: Kannst du schon direkt weglassen geht das?

Kollektiv: Ja.

Ulrich Skorsky: Genau das Problem ist, man muss mit ihm jetzt direkt eine Liebesszene machen. Gleich so einfach mal so als lustig. Du kennst das ja schon bei mir von null auf 100 einfach mal so. Also pass auf, ich erkläre, wie das geht. Du hast heute eigentlich bei uns nicht viel zu tun. Es ist heute. Es ist noch weniger geworden, als ich ursprünglich mal dachte. Und zwar wir sind an dem, an dem Ende von dem Duett mit mit Clemens und du liegst genauso am Boden, wie das Duett anfängt. So hört es auch auf. Und dann kommt dieser freche Wicht und begutachtet dich. Der guckt dir ins Gesicht und guckt dich an und du lässt das einfach geschehen erst mal. Und ich gebe dir nachher dann noch eine Stelle, wo du dich dann ein bisschen aufrichtet und auf ihn reagierst. Aber erstmal ist deine Hauptaufgabe rumzukriegen tatsächlich ganz okay. Clemens, kommst du bitte zum Liegen? Clemens, kommst du bitte zum Liegen? Und wenn er da angekommen ist, dann nimmst du seinen Kopf in die Hände und gib es in einem kleines Küsschen und du darfst entscheiden, wohin du ihn küsst. Da kannst du dir einfach küssen und kennst du ja eh nicht. Ist ja egal. Das ist im Stück aber auch so und kennst du noch nie gesehen den Mann? Und wenn du das machst, das ist dann die Reaktion, wo du dann zurück schnellst Ja genau. Und jetzt kommt der aufgeregte Sprung. Äh, ja, genau. Genau so!

Sebastian Sonntag: Wie hast du Ulrich als als Choreograf jetzt so in diesen Momenten wahrgenommen?

Aron Schmidt: Also ich bin da total Außenstehender und ich war sehr überrascht, mit welcher Ruhe und Gelassenheit er da rangegangen ist. Und wirklich sehr punktuell und sparsam die Tänzerinnen und Tänzer angeleitet hat und Feedback gegeben hat und sich das Ganze auch aus aus der kreativen Kraft der Tänzerinnen und Tänzer, die Szenen entstehen hat lassen. Auf der anderen Seite hat man immer wieder gemerkt, dass er doch sehr, sehr klare Vorstellungen hat und fand das sehr interessant, welche Mittel er genutzt hat, um am Ende die Bewegungen und die Intensität zu bekommen, die er sich vorstellt.

Sebastian Sonntag: Und auch in so einer so einer sehr freundlichen, warmen Atmosphäre. Also auch durchaus witzig. Es wurde auch viel gelacht.

Aron Schmidt: Ja, ich glaube, das könnte es auch wieder. Nur eine Theorie. Das könnte der Vorteil von diesen langen, angesetzten und punktuellen Proben sein. Dass also zu dem Zeitpunkt dieser Probe war die Premiere noch knapp zwei Monate oder so ein bisschen mehr als zwei Monate entfernt. Und da hat man noch nicht diesen, diesen Premieren-Druck, der sich in der Regel so zwei Wochen vor einer Premiere sehr massiv einstellt und der,...

Sebastian Sonntag: Der wahrscheinlich auch die Stimmung schlägt, am Ende.

Aron Schmidt: Genau, genau. Und so wie ich das aus Humble kennengelernt habe, waren die sich alle sehr zugetan, waren sehr fokussiert und hatten aber auch sehr viel Spaß an dieser Entwicklung dieses Stückes. Und vielleicht durch diese lange Dauer hatte es eine bessere Chance, ins Blut überzugehen, als wenn das eben in so einem schnellen, intensiven Probenprozess passiert wäre.

Ulrich Skorsky: Nun lasst uns mal bei der altvertrauten Stelle starten. Ihr steht schon in der richtigen Ecke. Ich unterbreche euch jetzt rüde. Ich weiß.

Kollektiv: Das ist auch Quatsch.

Ulrich Skorsky: Absolut. Ich bin auch gemein heute. Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Ha! Das ist eine gute Art, sich zu unterhalten. Das macht er ja im Grunde im Stück ja auch so. Wenn ihr beide so weit seid und könnt, dann fangt doch an!

Sebastian Sonntag: Jetzt geht die Probe los und ich habe da so ein Flattern oder sowas in der Richtung gehört. Was? Was genau ist da passiert?

Aron Schmidt: Das waren ja Trippelschritte.

Sebastian Sonntag: Ah, okay, also ganz falsch interpretiert. Ganz witzig.

Aron Schmidt: Das war.. ich meine, es waren Ronja und Cesar, die sich sozusagen zu einem Knäuel verbunden haben, sich sozusagen schräg gegenüber stehend und von hinten an die Hände runter gebeugt und von hinten an die Hände gefasst und dann ganz schnell von einer Seite des Raumes zur anderen Seite, also die eine Person rückwärts und die andere Person vorwärts. Und das in so ganz, ganz, ganz schnell. Einen kleinen Trippelschritten. Und das ist das Geräusch, was wir da gerade gehört haben.

Sebastian Sonntag: Was proben die da jetzt genau? Also, was hast du da so gesehen? Kannst du das ein bisschen beschreiben?

Aron Schmidt: Ich habe viel Begegnungen gesehen. Also es war jetzt auch nur eine Szene, die innerhalb eines Bildes sozusagen auch nur einen kleinen Teil betrifft und kannte zu dem Zeitpunkt ja noch gar keine Zusammenhänge. Und da waren ja viele Begegnungen von den einzelnen Tänzerinnen und Tänzern, die ja entweder sehr intensiv körperlich aneinander oder aufeinander getroffen sind und auch sich sozusagen aneinander fixiert haben und im Kontrast dazu sozusagen Entfernungsbilder von eng beieinander stehenden Tanz figuren sich entfernt voneinander.

Ulrich Skorsky: So, ich hätte jetzt gar nichts zu bereden mit euch, sondern wenn ihr jetzt was zu bereden habt, dann tut das und dann macht machen wir es dann nochmal. Tschüss. Viel Spaß.

Kollektiv: Bei der Blume. Es ist halt nicht. Erst kommt was und dann zurück.

Ulrich Skorsky: Das sind genau die spannenden Effekte. Heute ist das auf einmal. Geht das, springt dass auf einmal ein Niveau höher und dann kann nächste Woche keine Probe sein, wo du denkst Oh Gott, das ist ja fürchterlich, was sie da machen, wo nichts mehr stimmt und wo du denkst, das kriegen wir hin. Das ist ein sehr spannendes Phänomen bei dir vorbei und da musst du halt eben und ich muss dann reagieren. Was tue ich jetzt? Was sage ich jetzt als nächstes? Und jetzt tue ich gar nichts. Jetzt, wo ich einfach nur, weil ich jetzt eh nicht mit denen alleine probe, sondern nachher dazu organisiere, wenn die anderen kommen, dann nehme ich jetzt nicht das auseinander und dann habe ich nachher ein zwei Scherbenhaufen.

Sebastian Sonntag: Ist das dann quasi genauso weitergelaufen über den über den Vormittag? Also Durchlauf, Feedback, Durchlauf, Feedback. Und so weiter.

Aron Schmidt: Dadurch, dass jetzt nach und nach noch drei weitere Tänzer*innen kommen, hat sich die Dynamik dann verändert, weil es dann doch ein Unterschied, ob drei Tänzer*innen eine Szene proben oder eine größere Szene, wo alle sechs in zum Teil unterschiedlichen Bildern gleichzeitig proben. Und dadurch war sozusagen Ulrichs Arbeit etwas mehr gefordert, indem er sozusagen an vielen Baustellen gleichzeitig gearbeitet hat. Und dadurch wurde es schneller und die Dynamik hat sich erhöht.

Ulrich Skorsky: Ja, ja, genau. Ohne Einweisung einfach richtig machen, bitte. Jetzt genau. Wir machen jetzt auch was richtig. Nämlich Pause.

Sebastian Sonntag: So. Der Chef hat gesagt Pause. Dann ist Pause. Das war für dich die Gelegenheit, mit den Tänzerinnen und Tänzer noch so ein bisschen ins Gespräch zu kommen. Worüber habt ihr geredet?

Aron Schmidt: Unter anderem haben wir über die Produktionsbedingungen jetzt im Speziellen dieser Produktion gesprochen.

Sebastian Sonntag: Und ja, besonders waren vor allen Dingen wegen Corona.

Aron Schmidt: Genau, genau.

Kollektiv: Da. Soll ich zuerst mein Name sagen? Ja, ich bin. Hallo, ich bin Celia Valverde und ich glaube, es ist für mich ist es nicht so gewöhnt, dass man zum ersten Mal sich trifft bei so einer Probe, sondern oft kennt man die Gruppe vor im Voraus, auch wenn man nicht jeden mal mit denen probt. In diesem Fall bin ich, wie sagt man das auf Deutsch? Ähm, ich ersetze jemand. Sag mir das so, ja, genau. Also das ist eine Produktion, die schon früher angefangen hat und ich bin dann quasi später dazugekommen. Und wegen Corona Regelung. Und so weiter. Haben wir uns bisher nicht so alle getroffen.

Kollektiv: Ich bin Torsten Lichtenberg. Für mich ist es halt manchmal schwer, weil ich nicht so oft dabei bin und dann sehe ich immer ganz viele neue Sachen. Aber ich kann mich immer schnell drauf einstellen. Also das geht halt ganz gut. Genau. Und deswegen ist das aber gut, dass man trotzdem in den Kontakt kommt, also auch mit, dass man halt ganz schnell mit Leuten in Kontakt kommt und irgendwie gar kein Problem damit hat. Das finde ich ganz schön. Also das mag ich gerne, aber es gehört dazu, finde ich. Beim Tanz und auch beim Theater, glaube ich.

Kollektiv: Ich bin der Clemens Richter, so das Zwischenmenschliche, was ja Torsten auch gerade gesagt hat, das finde ich auch nicht so schwierig. Das gelingt mir auch ganz gut. Und wie er auch gesagt hat, gehört zum Tanz bisschen dazu. Ich finde es. Was ich schwierig finde, ist so ein Stück. Man muss das ja das ganze Stück irgendwie kennen, um zu wissen, wie die Szenen gemeint sind. Wenn zum Beispiel eine Szene eben im Gegensatz steht zu der zu der Szene danach oder zu der davor. Und wenn man das Stück halt nie als Ganzes sieht, dann erschwert das halt diesen den Prozess, in so eine Rolle richtig reinzugehen. So, weil sich die eine Szene aus der vorhergehenden Szene zum Beispiel erklärt.

Kollektiv: Ich bin Miriam, Miriam Arnold und ich habe schon das Gefühl, es ist auf jeden Fall sehr stark von der Pandemie beeinflusst, wie wir geprobt haben, weil ich erinnere mich, es gab Zeiten, wo Lockdown war und wir nur Einzel Proben gemacht haben, obwohl es eigentlich ein Stück ist mit elf Tänzer*innen haben wir heute festgestellt, also relativ große Gruppe. Und was ich aber ganz schön finde an dieser, an dieser langen Zeit, dass es eben nicht so ist. Man kommt zusammen, probt, führt etwas auf und dann gehen alle wieder in andere Richtung, wie das oft in der freien Szene eben passiert. So sehr intensiv kurz. Und dann verliert sich es auch wieder, so habe ich das Gefühl. Ah, das ist was, was über längere Zeit wachsen kann und wo vielleicht auch noch auch nach dieser Aufführung was entstehen kann, wo dann irgendwie auch Vertrauen geschaffen wurde untereinander und klar, je nachdem, wie lange man miteinander geprobt hat, auch mehr oder mit manchen, die kenne ich jetzt lange, andere habe ich gerade erst kennengelernt. Ja, auf jeden Fall spannend der Prozess.

Kollektiv: Ja, ich bin Ronja Fritzen und ich finde, es ist manchmal schwierig, sich im Kopf zu behalten, was jetzt der aktuellste Stand der Szene ist. Also klar, man hat auch immer Videos, wo man nachschauen kann, aber manchmal speichert man so eine Version ab, wo man denkt, dass das war jetzt die letzte Version und es gab dann aber doch vor zwei, drei Monaten noch mal. Eine Probe, wo man was geändert hat und dann wollte man das eigentlich noch intensivieren. Und dann kam aber dann wieder ein Lockdown dazwischen oder ähnliches, sodass also gerade bei einer Szene wurde auch das Stück an sich noch mal zerstückelt und es war wirklich schwierig, dann irgendwie die Übersicht zu behalten. Oder auch jetzt eine Szene, die ich mit Celia jetzt noch mal neu gelernt habe, quasi weil Celia Desirée ersetzt hat, da dann noch mal das komplette Stück erst mal ihr beizubringen, aber dann auch diese Szene eigentlich wieder neu zu entwickeln, obwohl man erstmal das Alte hervorruft, ist dann manchmal sehr widersprüchlich und ist auch schön, wenn man merkt, wie eben so Szenen auch mal vom Moment geprägt sind. Also du kannst nicht das gleiche wie vor zwei Jahren machen, weil dann eben auch von außen, auch von Ulrich andere Eindrücke kommen, ganz viele Denkprozesse passiert sind bezüglich der Szene aber auch natürlich bestimmte Dinge, die zwischen zwei Tänzer*innen funktioniert haben, neu herausgefunden werden mussten. Aber das ist auch immer sehr interessant irgendwie, wie lebendig so ein Stück doch ist, auch wenn man eigentlich schon dachte, es ist ein relativ festes Konstrukt.

Sebastian Sonntag: Und auch, dass das Therapie Thema quasi vom Anfang hast du dann noch mal mit mit aufgenommen. Also die Frage danach, ob das mit dem Tanzen irgendwie was therapeutisches hat. Und das hat durchaus auch für die Tänzerinnen und Tänzer eine Bedeutung.

Aron Schmidt: Ja richtig, da wurde es dann sehr persönlich und es hat mich doch sehr überrascht, dass das doch tatsächlich ein Aspekt, ein nicht unwesentlicher Aspekt dieser Arbeit auch ist.

Kollektiv: Ja, hier Celia nochmal Ja, also ich habe zu meiner Geschichte Lebensgeschichte gehört, dass ich einen Unfall hatte, als ich klein war und ich darauf eine chronische Schmerzen entwickelt habe und damit lebe. Jeden Tag und Tanz ist war für mich die Lösung quasi besser damit umzugehen können, mein Körper besser kennenzulernen und auf jeden Fall. Also Therapie betrifft das hundertprozentig. Vielleicht jetzt nicht, während die Produktion von eines Stückes, sondern das, was ich für mich mache oder extra trainiere oder so, aber es ist auf jeden Fall heilend und wichtig. Also zu meinen Leben, meine Lebens Struktur und so ein Prozess jetzt zum Beispiel. Ich bin ja neu in dieser Gruppe und ich kenne sehr viele Geschichten von wenn man fertig ist, von vom Studium zum Beispiel, dass man so ein bisschen seinen Weg in der Kunst verliert, weil man nicht mehr eine Bestand Gruppe hat. Und das ist was ich glaube diese Gruppe sehr gut kann, weil die schon über Jahre läuft quasi. Und auch wenn die Prozesse jetzt nicht so intensiv sind, dass man sich täglich trifft für sechs Wochen, sondern halt für ein ganzes Jahr, einmal in der Woche, dann hast du diese, diese Bezugsgruppe, die so wichtig ist, um in deiner Kreativität weiter tätig zu sein und nie inspiriert bleiben. Ja, das ist auch therapeutisch.

Kollektiv: Ronja hier nochmal. Auch wenn es nicht immer direkt um einen selber gehen muss wie wie kann ich selber das nutzen, um jetzt damit besser mit meinen persönlichen Problemen klarzukommen oder so? Aber dass man in der Kunst generell sehr oft auch aktuelle Themen irgendwie hinterfragt, die beeinflussen ja auch das Stück irgendwie und gerade hier haben wir auch immer wieder Momente, wo wir sehr stark darauf eingehen, was hat diese Bewegung für eine Bedeutung? Und wenn man sich eben immer wieder reflektiert, hinterfragt, wo man ja wie man in der Rolle agiert, dann löst das natürlich auch Denkprozesse aus, was eine Bewegung auslösen kann und was die wie die verschiedenen wahrgenommen werden kann. Weil naja, es ist ja auch typisch, dass man eine Instruktion kriegt, dass das die Bewegung liebevoll sein soll. Man führt sie aus und irgendwie wird sie aber nicht so wahrgenommen. Und dann? Dann gibt es auch immer wieder kleine Diskussionen. So Ähm ja, und dass man eben immer wieder im Reflektieren bleibt und dadurch auch irgendwie nicht so schnell festgefahren ist. Hoffentlich. Oder auf jeden Fall einen Blick von außen immer wieder auf sich oder generell auf Menschen hat. Und die Interaktion von Menschen, also das finde ich, ist auch etwas sehr Wichtiges hier, dass man immer wieder Interaktionspartner neu entdeckt, neu kennenlernt.

Kollektiv: Bewegung ist halt eben doch viel mehr als nur die physis, sondern eben der Bewegungsausdruck. Und das ist halt dann eine möglichkeit. Sich selbst erweitert irgendwie. Ich sage mal, dass das Leben wird um einen ganz elementaren Bereich erweitert und man ist sich so sonst leben eigentlich nicht so bewusst. Und es tut. Es tut gut, so was Elementares wie Bewegung mal ein bisschen mit etwas Höherem zu verknüpfen, also mit einem Ausdruck, oder..

Kollektiv: Das ist auch der Grund, weshalb ich das schon mein Leben lang mache und weshalb ich das auch versuche, jeden Tag und täglich zu tun, mich zu bewegen und zu tanzen. Und was ich aber ganz spannend finde an dem der Arbeit hier in dem Ensemble, was für mich auch neu war, dass es eben auch Tanztheater ist und wir hier auch mit Figuren und Rollen arbeiten. Und gerade eine Figur, die ich habe, wo es auch wirklich, wo wir uns Zeit genommen haben, Ulrich und ich, darüber zu sprechen. Was hat diese Figur erlebt, welche Traumatas? Wie wird das im Körper sichtbar? Durch Bewegungen, vielleicht Ticks. Und so hangeln wir uns eigentlich von einer fiktiven Person und besprechen Themen, die aber dann etwas sehr Menschliches sind und eigentlich auch Gesamtgesellschaftliches. Und das fand ich noch mal neu, auf so eine Metaebene zu gehen, rein von diesem Aspekt des Tanzens und darin therapeutischen Ansatz, auch noch mal über eine andere Figur zu sprechen und da genau vielleicht mehr auf so eine psychologische Ebene zu kommen.

Kollektiv: Ja, ich finde auch, dass dieses Ausagieren zwischen, also dass man halt mal Sachen ausprobieren kann, was man normalerweise eher nicht machen würde, dass halt auch irgendwas therapeutisch ist, dass man mal in Konstellationen, so wie die anderen auch schon gesagt haben, reinkommt, wo man denkt ach cool. Oder das auch so Sachen wie, dass sich jemand auf deinen Rücken legt, den du gar nicht gerade gerade erst mal kennengelernt hast. Das ist ja einerseits eine Überwindung soziales Lernen, auch weil ich sage ja dann, ach ja, so schlimm ist das ja jetzt gar nicht, man ist auch offener. Das finde ich halt auch das Therapeutische daran.

Aron Schmidt: Ich habe mich sehr gefreut, dass alle so eine Lust hatten und wie offen allesamt waren. Und für mich war es auch eine neue Situation, plötzlich sechs Personen vor mir zu haben und dass das Mikro musste immer rumgereicht werden und ich hatte das Kabel ein bisschen zu knapp eingestellt und musste dann immer so ein bisschen mit Rücken. Wir saßen auf dem Boden, was mir auch wieder gezeigt hat, wie wenig ich in Form bin, nicht nur im Vergleich zu Tänzerinnen und Tänzern. Nach dem Gespräch, um uns das kurz Anekdote zu erzählen, nach dem Gespräch also sozusagen gesagt haben Jetzt vielen Dank und die Aufnahme ist gestoppt. Die standen in der gleichen Sekunde alle und ich habe gefühlte fünf Minuten gebraucht, um mich mit Aufnahmegerät und meinem Körper in die Vertikale zu bewegen. Es war auf jeden Fall augenscheinlich, dass diese Personen mit ihren Körpern arbeiten und auch ihre Körper gut kennen und beherrschen und beherrschen.

Sebastian Sonntag: Genau so und damit ist dein Proben Besuch im Prinzip zu Ende gewesen. Du hast sie dann den Rest des Nachmittages quasi alleine proben lassen, aber für dich war der Ausflug quasi noch nicht vorbei, weil du bist dann zur Premiere gegangen.

Aron Schmidt: Genau. Gute neun Wochen, meine ich später. Am vierten bin ich nach Rodenkirchen ins Barnes Crossing in der Wachsfabrik gefahren.

Sebastian Sonntag: Und dann gab es am Ende einen ganz spannenden Moment. Die letzten Töne verklingen. Und dann passierte erst mal nichts.

Aron Schmidt: Ja, das ist ein Effekt, auf den freue ich mich fast jedes Mal nach einer, nach einer Vorführung. Die wenigsten Aufführungen enden so, dass man als Publikum weiß Ah, jetzt ist es zu Ende. Gibt es natürlich, aber es ist doch recht selten. Und damit wird auch oft gespielt von der Inszenierung. Und auch in diesem Fall wa dadurch, dass es vorher fünf Bilder waren und auch die Bilder in sich voneinander getrennt waren, mit einer kleinen nicht mal eine Unterbrechung, sondern einen kleinen sozusagen, wenn man sich das wellenartig vorstellt zu einem kleinen Wellental. Und dann ging sozusagen das nächste Bild auf und das war der Abschluss dieses Bildes. Und wenn man jetzt nicht genau mitgezählt hat, hat man sozusagen erst mal gewartet, bis erste Zuschauer, die als Zuschauerinnen angefangen hat zu klatschen.

Sebastian Sonntag: Und das ist eine spannende Dynamik, die da entsteht, irgendwie auch im Raum dann entsteht.

Aron Schmidt: Genau das ist, das ist so, dass das spürt man, richtig aufgehen. Und ich finde es immer wieder. Also das kennt man auch aus dem Theater. Immer wieder die Situation okay, wer, wer ist der erste, der sozusagen vorprescht und der Klatscher, der Klatscher. Genau. Und dann kommt es zu dieser Explosion, weil alle so erleichtert sind. Auch wir dürfen, wir dürfen klatschen. Und dann auch ihre Freude, wenn es, wenn es gefallen hat.

Sebastian Sonntag: Und das hat es spürbar in dem Augenblick. Man hört es ja irgendwie. Also das ist wirklich ein intensiver Applaus, der dann da stattfindet. So als hätten alle wirklich darauf gewartet. Jetzt kann es endlich losgehen.

Aron Schmidt: Genau.

Ulrich Skorsky: Und du hast dann noch die Gelegenheit gehabt, dich später mit Ulrich zu unterhalten. Auch über seine Perspektive, wie er das jetzt wahrgenommen hat mit der ja dann doch wackeligen Premiere am Ende durch durch Krankheit. Und so weiter.

Aron Schmidt: Genau. Und mich hat natürlich auch interessiert, wie es nach meinem Probenbesuch weitergegangen ist und wie die Dynamik der Proben sich entwickelt hat. Und die Erfahrungen an diesem tollen Ort, an dem ich auch zum Ersten Mal war, also in der Fabrik im Barnes Crossing. Es ging um dieses Thema Produktionsbedingungen auch noch mal aufzugreifen. Wie dann dort die Erprobung und die Aufführung von ihm und dem Ensemble erlebt wurden.

Ulrich Skorsky: Du meinst, glaube ich, die letzten neun Wochen noch mal genau. Also Schwangerschaft passt ja bei dem Stück nur insofern also die letzten neun Wochen. Das war auch in der Phase, als du uns besucht hast, da ging es darum, einzelne Teile zusammenzufügen. Also manchmal, also zum Beispiel Bilder bestehen aus drei Teilen und dann hat man erst mal die einzelnen Teile zusammengesetzt. Als du da warst, haben wir eine zentrale Stelle aus dem letzten Bild zusammengebaut und dieses Zusammenbauen, das hat auch ganz gut funktioniert. Heißt das war terminlich nicht so einfach, weil das eine neue Situation war. Wir mussten auf einmal 6,7,8 Leute von zehn unter einen Hut bringen und nicht nur zwei oder drei. Und insofern war das auch damit verbunden, da erst mal die Termine konkret und sehr genau und sehr weit voraus abzufragen und dann alles so zu bauen, dass alles abgedeckt wurde. Das war auch ein Kampf, dann mit mit kurzfristigen Absagen, auch das. Also wir haben dann an vielen Stellen weniger Zeit gehabt als eigentlich geplant, aber funktioniert hat es und das ging dann sehr rasant, insofern zu, weil die letzte Woche vor der Premiere oder die Aufführungswoche überhaupt, das war auch klar, der entscheidende Durchbruch also am Montag, Dienstag, Mittwoch. Da kam das Stück im Ganzen Schritt für Schritt ganz klar zum Vorschein. Und das ist auch etwas, was natürlich einen mit unglaublicher Spannung erfüllt, weil man das eben einfach nicht weiß. Man das weiß man einfach nicht. Was ich sagen kann, das, was sich offenbart hat, ist, dass eben diese intensive Arbeit mit jedem Einzelnen eine ganz große Rolle gespielt hat. Das heißt, trotz der neuen Situation im Theater, trotz der neuen Situation mit dem ganzen Stück konfrontiert zu sein, manchmal etwas als zum allerersten Mal zu sehen, wo man nicht selber beteiligt ist. Trotzdem haben die Tänzer sich da nicht irritieren lassen, sondern ihr eigenes, sehr also für meine Begriffe sehr schnell nach außen bringen können. Und das hat, glaube ich, auch für den Abend extrem viel ausgemacht, dass da so eine innere Klarheit und Sicherheit gewesen ist und auch Durchdringung, vor allem die man zu der musste man nicht noch mal neu auffordern, die war einfach tatsächlich vorhanden. Und das war auch das Beglückende in diesem Prozess. Da war ich selber, also trotz der vielen Arbeit und der vielen Stunden im Theater abends, also echt auch baff, also wirklich erstaunt im besten Sinne.

Aron Schmidt: Wie war dann der der Moment, als du sozusagen erfahren hast, dass eine Tänzerin nicht bei der Premiere tanzen kann?

Ulrich Skorsky: Es war ja eine Sache, die sich hat sich sozusagen von Tag zu Tag entwickelt, geklärt. Das war immer ein Wir haben das erfahren an dem Dienstag, bevor die Probephase im Theater losging. Und haben da einfach gehofft, dass in der nächsten Woche dann das alles gehen wird. Vielleicht nicht direkt am Montag, aber spätestens am Dienstag. Und haben dann jeden Tag upgedatet und gesprochen und zusammen überlegt und getestet und informiert. Und so weiter. Es waren ja letztlich zwei Tänzer, auf die das zutraf. In dem einen Fall war das eben so, dass dann am Donnerstag eine Probe möglich wurde, also am Tag vor der Premiere zum Ersten Mal. Und wir haben dann das gemacht, was man sonst nie tut, nämlich nach der Generalprobe noch eine weitere Probe gemacht und ihn mit in die Aufführung eingebaut. Was auch funktioniert hat. Sehr gut sogar. Und in dem anderen Fall war das leider so, dass eben das nicht so schnell ging und man von Tag zu Tag merkte, es wird nicht werden. Und dann haben wir halt und wir haben sozusagen immer einen Plan in der Hinterhand gehabt. Zum einen und haben gesagt, wenn wir Mittwoch, Donnerstag proben können, alle zusammen dann. Aber das hat sich leider nicht erfüllt und das haben wir auch noch offen gelassen. Als wir dann Premiere hatten und die zweite Vorstellung, da war aber dann klar, dass das nichts werden würde. Und das war auf der einen Seite bitter, aber auf der anderen Seite, es war ja so, wir haben parallel dazu dann aber auch umbesetzt, also eben die Tänzerin, die sehr zentral war, an entsprechenden Stellen halt durch andere Leute aus dem Ensemble dann eben kompensiert, dass die eben eine Szene, wo ein bisschen geändert. Die erste Szene hat jemand übernommen, die vierte Szene hat jemand übernommen, jemand anderes und das hat sich halt in den Tagen dann auch geklärt. Also ich habe an dem Wochenende vor den Bühnen Proben noch Samstag Sonntag intensiv geprobt, eben unvorhergesehener Weise ich aber auch sehr gelohnt hat wiederum das muss man, muss man es auch betrachten. Also das heißt, für die beiden Tänzerinnen, die eingesprungen sind, war das herausfordernd, aber auch gut, na klar.

Aron Schmidt: Also dann das, was gegebenenfalls jemand sich über einen langen Zeitraum aufgebaut hat, dann in so einer Art Crashkurs.

Ulrich Skorsky: Und natürlich auch total interessant zu sehen, wie jemand anderes das macht. Also für mich ist ja diese ganz individuelle Arbeit extrem wichtig. Trotzdem war das hier auch wieder spannend zu sehen, was passiert, wenn jemand anderes es tanzt. Und es ist halt so, dass man sehen konnte, jemand kann das übernehmen. Man kann in kurzer Zeit ziemlich viel lernen, nicht alles, aber sicherlich viel. Und es ist natürlich anders und man hätte sich auch was anderes ausgedacht, wenn das die ursprüngliche Besetzung gewesen wäre, ganz klar. Also das heißt, die jeweilige Kreation ist schon sehr verbunden mit dem jeweiligen Tänzer? Unbedingt. Das ist meine Mischung aus dem was sehe ich in dem, was schlage ich dem überhaupt vor? Wie gehe ich das mit dem an? Aber es ist auch so, dass man halt auf das wieder etwas macht, ja wiederum reagiert. Und manchmal ist es auch so, dass man ganz sicher ist, dass das genau richtig ist für den. Und dann kommt ein Training, wo ich dann daneben sitze und zugucken und denke Ach guck mal, da kann noch was ganz anderes, was ich noch gar nicht genutzt habe, das gibt es auch und das ist auch beim Einspringen und bei Übernehmen auch eine wichtige Info Was kann jemand noch was, was man eben nicht so als besonders passend auf Anhieb gemeint hat? Also das ist schon wichtig, da auch immer wieder neu offen zu sein für die Tänzer, die man meint schon zu kennen.

Aron Schmidt: Hat dann jeder Tänzer so seine eigene Sprache oder Sprachverwendung?

Ulrich Skorsky: Ja, absolut. Das hängt erstens von der Person ab, ganz klar. Also das ist, glaube ich, naheliegend. Aber es hängt auch ganz massiv von der Ausbildung ab. Gerade deswegen, weil ja Tänzer richtige Tänzer lernen ja schon von Kind an auf das und werden durch das, was sie jeweils da lernen, extrem geprägt. Also das hat ja sogar Einfluss auf die Körperlichkeit und insofern spielt das eine immense Rolle. Also das ist wirklich bei jedem anders. Wir haben ja ein Extrembeispiel, das ist das klassische Ballett. Im klassischen Ballett ist alles extrem genau vorgegeben, wie es technisch auszuführen ist und wie das aussehen soll. Und alles hat einen Namen. Und da ist es so, dass trotzdem im Endeffekt, nach jahrelangem Training, nach jahrelangem Proben, nach jahrelangem ein Stück Einstudieren, das man dann bei tollen Solisten zum Beispiel trotzdem immense Unterschiede in der Interpretation sieht, im klassischen Ballett. Die tanzen das selbe wie jemand anderes. Theoretisch. Also von den Schritten her, da gibt es immer kleine Varianten, aber so vom Prinzip her und trotzdem ist es so unterschiedlich. Also man sieht. So viel Individualität dann wieder, obwohl jahrelang es darauf ankommt, ganz genau die Technik zu befolgen, was im modernen Tanz zum Beispiel eher nicht der Fall ist. Da gibt es zwar auch Techniken, aber da geht es nicht so sehr darum, jetzt Angleichungen an ein Ideal zu finden, sondern eher um Selbstentdeckung und um Körper kennenlernen selber. Das, was der Körper bietet und was da ein Ausdruck ist, das damit umzugehen. Also das ist einfach eine andere Zielsetzung. Aber selbst im klassischen Ballett lässt sich ist es absolut unmöglich, Individuelles etwa zu unterdrücken. Was man natürlich auch nicht will, denn man will eine große Persönlichkeit für eine wichtige Rolle haben, das ist klar. Das wäre ja sonst auch furchtbar.

Aron Schmidt: Ja. Die individuelle Ausstrahlung, die.

Ulrich Skorsky: Ja und auch sogar Interpretation und auch Interpretation über Körperliches, weil keine Bewegung bei zwei Menschen wirklich gleich aussieht genau genommen

Aron Schmidt: Hast du vielleicht aufs Little Red Chair Ensemble bezogen in der fünften Produktion ist aber die auch die Gefahr, dass du danach erst mal in, in in Tal in ein Loch fällst?

Ulrich Skorsky: Das weiß ich noch nicht. Also prinzipiell ja, das kenne ich auch intensiv, gerade wenn man jetzt also am Theater in einem traditionellen Zeitraum arbeitet, da finde ich das extrem stark. Hier fand ich jetzt zum Beispiel, dass die Aufführung wahnsinnig schnell hochgegangen sind. Also zack, bumm, auf einmal ist alles vorbei und Loch bisher überhaupt nicht. Aber es kann erst noch kommen. Ich glaube es ehrlich gesagt insofern nicht, weil natürlich die ganze Arbeitsphase von von Anfang an nicht darauf ausgerichtet ist, immerzu von morgens bis abends daran zu arbeiten, sondern eben immer mit entsprechenden Pausen. Was mich sozusagen, wenn man das jetzt mal etwas überspitzt ausdrückt, an dieses Stück gefesselt hat, ist der Effekt, dass ich halt fand. Ich brauche für mich persönlich nach einer Probe oder außerhalb der Proben viele persönliche Freiräume, wo ich mich mit irgendwas beschäftige, aber eben nicht gebundener Maßen, sondern um Zeit zu haben, wenn. Sei es beim Abwaschen, sei es beim Fernsehgucken, sei es am Schreibtisch. Sozusagen das, was ich geprobt habe, von alleine wieder auftaucht und eben nach neuer Sortierung verlangt oder nach neuem Abgreifen der Strecke, die man gerade bearbeitet hat. Und das führt dazu, dass man sich tatsächlich über zwei Jahre sich nicht aus dieser Arbeit löst. Und jetzt denke ich dann so die letzten Tage Ach, es ist ohne Stück, ist auch ganz schön. Also das genieße ich schon sehr gerade. Und Corona hat mich gelehrt, dass ich sehr froh bin, dass ich das Stück einmal gesehen habe. Tatsächlich, sozusagen in einer Vorstellung. Das war ja nicht selbstverständlich. In keinster Weise.

Sebastian Sonntag: Ulrich, danke dir, dass Du ja nochmal bereit warst, mit mir zu sprechen und die Sache, wie ich hoffe, rund zu machen von unserem Kennenlernen bei der Probe, die Premiere. Und jetzt sozusagen zum Nachgespräch. Vielen, vielen Dank.

Ulrich Skorsky: Gerne. Wunderbar.

Sebastian Sonntag: Dann schalte ich jetzt auf. Stopp! Stopp! Da macht es sowieso gleich von selbst.

Sebastian Sonntag: Ja, das war sie. Unsere erste Folge. Kulturell unterwegs. Vielen Dank, Aron Schmidt.

Aron Schmidt: Ich danke dir, Sebastian.

Sebastian Sonntag: Und wenn euch interessiert, mal so ein bisschen mehr noch in das Ensemble und in die einzelnen Tänzerinnen und Tänzer einzutauchen. Das könnte ja auf der Qultor Plattform machen qultor.de. Da gibt es weiterführende Informationen zu all denen, die er gerade auch erlebt habt und gehört habt. Und ihr könnt es natürlich auch gerne Feedback rüberschicken zu dem, wie euch das gefallen hat. Da würden wir uns freuen, wenn ihr schreibt zum Beispiel an Podcast@qultor.de , also Q, U, L, T, O, R. Oder folgt uns einfach bei Instagram. Da findet ihr uns auch unter Qultor. Und dann können wir uns natürlich auch gerne Nachrichten schreiben. Wir würden uns freuen, wenn ihr beim nächsten Mal wieder mit dabei seid. Ich bin Sebastian Sonntag. Tschüss.

Aron Schmidt: Tschüss.

Lisa Bihl: Das war Qultorell unterwegs der Kultur und Begegnungs-Podcast aus Köln. Eine Produktion von Qultor und der Sendeeinheit. Lege dir ein Qultor Profil an und folge deinen Lieblings Kultur Orten Künstlerinnen, die dich begeistern oder Themen, die dich bewegen. So verpasst du keine Veranstaltung, die dich interessiert. Qultor.de im Netz, @qultor auf Instagram und Kultur live in deiner Stadt.

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